„Und sie stehen noch“ Zum Umgang mit mittelalterlicher Bauplastik

Nachlese zum Fachgespräch im Wiener Arsenal

Eine Gruppen von Menschen steht in einer Halle mit großen Figuren aus Sandstein

Mittelalterliche Steinfiguren stellen im Außenbereich eine sehr bedrohte Denkmalform dar und bedürfen daher besonderer Beachtung und Behandlung. Am 13. September 2023 fand dazu ein Fachgespräch in der Abteilung für Konservierung und Restaurierung des Bundesdenkmalamtes im Arsenal in Wien statt.

Ein Schwerpunktthema waren die Fürstenfiguren des Stephansdomes, die in Kooperation mit dem Wienmuseum, für die Neuaufstellung im neuen Museumsbau konservatorisch vorbereitet werden. Dombaumeister Dipl.-Ing. Wolfgang Zehetner sprach über den Umgang mit den Außenfiguren des Stephansdomes und wie sich Erhaltungsstrategie und denkmalgerechter Umgang über die Jahrhunderte hinweg geändert haben.

Der denkmalgerechte Zugang in Wien lässt sich mit den Erhaltungsmaßnahmen am Berner Münster vergleichen, wie Betriebsleiter Peter Völkle von der Münsterbauhütte Bern, anhand seines Vortrages vermitteln konnte. Das Wissen um Werkspuren, Steinmetzzeichen, Reste von ursprünglicher Malerei sowie ein sorgfältiger Umgang mit Steinoriginalen als auch deren Kopien sind Zeugnis eines zeitgemäßen Umganges mit dem kulturellen Erbe.

Paul Hofmann, Interimsleiter des Bode-Museums von Berlin, hob in seinem Vortrag die wesentlichen Werteunterschiede der Steinplastiken vor Ort und jener, die disloziert im Museum aufgestellt sind hervor. Neben Funktionswandel und sich unterscheidender konservatorischer Anforderungen wird vor allem die erschwerte Nachvollziehbarkeit und Bestimmung der Authentizität angesprochen.

Mag. Johann Nimmrichter, Leiter der Abteilung für Konservierung und Restaurierung des Bundesdenkmalamtes, listete die gotische Freiplastik in Österreich entsprechend ihrer jetzigen Aufstellungsorte in drei Kategorien auf: vor Ort verblieben und freistehend, im Freien stehend, mit Nischen, in Museen oder ähnlichen Verwahrungsorten. Im Zusammenhang mit diesen Kategorien lassen sich auch die notwendigen konservatorischen Maßnahmensetzungen einsehen und unterscheiden.

Dr. Bernd Euler-Rolle, ehemaliger Fachdirektor des Bundesdenkmalamtes, skizzierte die denkmalgerechte Erarbeitung von Restaurierzielen mittels einer individuell abgestimmten Entscheidungsmatrix. Die Bedeutung von Wertigkeiten und denkmalgerechten Prozessvorgaben wurde durch Restaurierbeispiele aufgezeigt.

Steinrestauratorin Mag.a Andrea Hackel referierte über die Restauriergeschichte der Konservierungsmaßnahmen an der steinernen Bibel am Chor der romanischen Kirche in Schöngrabern. Dabei wurden alle Interventionen ab den 1950er Jahren beleuchtet. Für die nächsten Jahre ist eine neuerliche Restaurierkampagne auf Grundlage der jüngst angelegten Musterflächen eingeplant.

Dipl. Rest.in Alexandra Czarencki und Dipl. Rest.in Anna-Vanessa Boomgarden vom Wienmuseum gaben Einblicke zur Restaurierungsgeschichte der Fürstenfiguren von Sankt Stephan zu Wien und ihren Bezug zum Wien Museum. Die Figuren wurden Ende des 19. Jahrhunderts abgenommen und sind ein wichtiger Teil der Sammlung. 2023 wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt eine großangelegte Restaurierkampagne gestartet. Die Neuaufstellung wird ab Oktober 2023 erfolgen. Mit den Restaurierungsarbeiten beauftragt waren Mag.a Anna Maria Tuby und ihr Team: Sie wies in ihrem Vortrag auf die Notwendigkeit genauer Dokumentationsarbeit und den gezielten Bemusterungen mit naturwissenschaftlicher Begleitung hin.

Zum Abschluss fand eine Besichtigung der Fürstenfiguren im Steinatelier des Arsenals statt, die Möglichkeit zu weiteren Fachdiskussionen bot.

Weiterführende Informationen