Bericht über die Grabungen in Rechnitz 2021

Im Auftrag des Bundesdenkmalamtes setzte die AGA-Arbeitsgemeinschaft Geschichte & Archäologie zwischen 26. April und 11. Mai 2021 die Suche nach den Opfern des „Palmsonntagsmassakers“ vom 24./25. März 1945 fort.

Seit 2014 organisiert und koordiniert das Bundesdenkmalamt die Suche nach den Opfern des Massakers von Rechnitz im Burgenland, eines der größten nationalsozialistischen Endphaseverbrechen auf österreichischem Gebiet. Gestützt auf neue Rechercheansätze, Zeugenaussagen sowie auf die Sichtung bekannter historischer Quellen wurde von der Abteilung Archäologie eine Reihe von Grabungskampagnen durchgeführt, die vor wenigen Tagen ihren Abschluss fanden.

Im Auftrag des Bundesdenkmalamtes setzte die AGA-Arbeitsgemeinschaft Geschichte & Archäologie zwischen 26. April und 11. Mai 2021 die Suche nach den Opfern des „Palmsonntagsmassakers“ vom 24./25. März 1945 fort. Die Grabungen fanden auf zwei Grundstücken im südlichen Gemeindegebiet von Rechnitz statt. Tatkräftig unterstützt wurde das archäologische Personal dabei von Soldaten und Gerät des Bundesheeres.

Auf Basis unterschiedlicher Quellen (Skizzen, Geomagnetik & Bodenradar, Luftbilder, Archivakten sowie Zeugenaussagen) waren im Vorfeld der Kampagne Bereiche festgelegt worden, die als Ort der Gräber in Frage kamen. In einem ersten grabungstechnischen Arbeitsschritt wurde die Humusschicht entfernt. Mehrere im gewachsenen geologischen Boden festgestellte Gräben mussten nach Entnahme der Verfüllungsschichten als Gräber der ermordeten Zwangsarbeiter ausgeschlossen werden. Insgesamt wurde eine Gesamtfläche von etwa 2.200 bei der diesjährigen Grabungskampagne untersucht.

Das Österreichische Bundesheer beteiligte sich zum wiederholten Mal an der Suche nach Opfern des Massakers von Rechnitz. Nach einem ersten Einsatz der ABC-Abwehrschule im Jahr 1995 arbeiten seit 2018 Militärhistoriker der Theresianischen Militärakademie sowie der Landesverteidigungsakademie Seite an Seite mit den Expert:innen des Bundesdenkmalamtes. Durch Nachforschungen in Archiven in Deutschland, Russland, England und den in USA wurden die Grabungskampagnen laufend gefördert. In enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt und betreut durch die Sektion IV des Bundesministeriums für Landesverteidigung wurden diese Anstrengungen in den Folgejahren ausgeweitet, die Experten des Bundesheers nahmen laufend an den Koordinationssitzungen des Bundesdenkmalamtes teil.

Im Mai 2021 waren zusätzlich Soldaten und Gerät des Pionierbataillons 1 aus Villach im wesentlichen Umfang an den Grabungsarbeiten beteiligt. Vom Kommando Streitkräfte koordiniert, ergänzten zusätzlich Elemente der Luftaufklärung mittels Luftbildfotografie die Suche nach weiteren Spuren im Gelände. Die befassten Militärhistoriker standen auch hier beratend zur Seite, wie auch das Österreichische Bundesheer durch diese laufenden Aktivitäten einen sichtbaren und bedeutungsvollen Beitrag zu den gesamtstaatlichen Anstrengungen, das Verbrechen von Rechnitz aufzuklären, leistet.

Seit September 2020 führt das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung in Kooperation mit der Universität Graz ein Oral History-Projekt zum Massaker in Rechnitz durch. Das Projekt hat zum Ziel, durch Interviews mit Zeitzeug*innen beziehungsweise deren Nachkommen die Situation rund um die ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter*innen und um das Massaker von Rechnitz zu Kriegsende 1945 näher zu beleuchten. Neben der Erstellung und Nachbearbeitung der mündlichen Quellen erfolgt eine Abgleichung mit einzelnen, bisher sowohl von österreichischer als auch von ungarischer Seite geführten Interviews. Ein besonderer Fokus liegt dabei darauf, neue Hinweise auf die Lokalisation der Massengräber zu erhalten. Die Interviews sollen einen Beitrag dazu leisten, die Erinnerung an die Endphaseverbrechen zu dokumentieren und das Gedenken an die Opfer der Todesmärsche vom Süd-Ost-Wall ins KZ Mauthausen wachzuhalten.

Die ExpertInnen der beteiligten Institutionen arbeiten auf unterschiedlichen Ebenen weiter, um Hinweise auf die Lage der Massengräber von Rechnitz zu finden. Auch eine Veröffentlichung der Ergebnisse der bisherigen Forschungen, wie auch der archäologischen Maßnahmen, ist vorgesehen. Die bisherigen Schritte und Ergebnisse sollen analysiert und evaluiert werden mit dem Ziel, eine solide Datenbasis für zukünftige Forschungen und für mögliche weitere Grabungen zu schaffen.